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Walter von der Vogelweide

Der Ottenton

Hêr bâbest, ich mac wol genesen:
Wan ich wil iu gehôrsam wesen.
Wir hôrten iuch der kristenheit gebieten.
Wes wir dem keiser solten pflegen,
Dô ir im gabent gotes segen,
Daz wir in hiezen hêrre und vor im knieten.
Ouch sult ir niht vergezzen,
Ir sprâhent “swer dich segene, sî Gesegent,
Swer dir fluoche, sî verfluochet,
Mit fluoche volmezzen.”
Durch got bedenkent iuch dâbî,
Ob ir der pfaffen êre iht geruochet.

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Palästinalied

Allerêrst lebe ich mri werde,
Sît mîn sündic ouge siht
Daz reine lant und auch die erde,
Der man sô vil êren giht.
Mirst geschehn des ich ie bat:
Ich bin kommen an die stat,
Da got mennischlîchen trat.
 
Schoeniu lant rîch unde hêre,
Swaz ich der noch han gesehn,
So bist du ir aller êre,
Waz ist wunders hie geschehn!
Daz ein magt ein kint gebar,
Hêre über alle engel schar,
Was daz niht ein wunder gar?
 
Hie liez  er sich reine toufen,
Daz der mensche reine sî.
Sît liez er sich hie verkoufen,
Daz wir eigen wurden frî.
Anders waeren wir verlorn.
Wol dir, sper, kriuz unde dorn!
Wê dir, heiden! Deist dir zorn.

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Under der linden

Under der linden an der heide,
Da unser zweier bette was,
Da mugt ir vinden schone beide
Gebrochen bluomen unde gras.
Vor dem walde in einem tal,
Tanderadei,
Schone sanc diu nahtegal.
 
Ich kam gegangen zuo der ouwe,
Do was min friedel kumen e.
Da wart ich empfangen, here frouwe,
Daz ich bin saelic iemer me.
Kust er mich? Wol tusentstunt,
Tanderadei,
Seht, wie rot mir ist der munt!
 
Do het er gemachet also riche
Von bluomen eine bettestat.
Des wirt gelachet innecliche,
Kumt iemen an daz selbe pfat.
Bi den rosen er wol mac,
Tanderadei,
Merken wa mirz houbet lac.
 
Daz er bi mir laege, wessez iemen,
(Nu enwelle got!) so schamt ich mich.
Wes er mit mir pflaege, niemer niemen
Bevinde daz wan er unde ich.
Und ein kleinz vogellin,
Tanderadei,
Daz mac wol getriuwe sin.