Erasmus Widmann
Ach Gott vom Himmel sieh darein (Psalm XII)
Ach Gott vom Himmel sih darein Unnd laß dich das erbarmen: Wie wenig sind der Heilgen dein, Verlassen sind wir Armen; Dein Wort man lest nit haben war, Der Glaub ist auch verloschen gar Bey allen Menschen Kinden. |

Christ unser Herr zum Jordan kam
Christ unser Herr zum Jordan kam Nach seines Vatters Willen: Von Sanct Johan die Tauffe nam, Sein Werck und Ampt zur füllen. Da wolt er stifften uns ein Bad Zu waschen uns von Sünden. Erseuffen auch den bittern Todt Durch sein selbst Blut und Wunden. Es galt ein newes Leben. |

Christum wir sollen loben schon / A solis ortus cardine (gregorianisch)
Christum wir sollen loben schon, Der reinen Magd Marien Sohn. So weit die liebe Sonne leucht Und an aller Welt Ende reicht. |
A solis ourtus cardine Adusque terrae limitem Christum canamus principem, Natum Maria Virgine. |
Der selig Schöpffer aller ding Zog an eins Knechtes Leib gering Daß er das Fleisch durchs Fleisch erwürb Und sein Geschöpff nicht alls verdürb. |
Beatus auctor saeculi Servile corpus induit, Ut carne carnem liberans Non perderet quod condidit. |
Die Göttlich Gnad von Himmel groß Sich in die keusche Mutter goß Ein Mägdlein trug ein heimlich Pfand Das der Natur war unbekandt. |
Clausae parentis viscera Caelestis intrat gratia; Venter puellae baiulat Secreta quae non noverat. |
Das züchtig Hauß deß Hertzen zart Gar bald ein Tempel Gottes ward Die kein Mann rühret noch erkandt Von Gotts Wort man sie schwanger fand. |
Domus pudici pectoris Templum repente fit Dei; Intacta nesciens virum Verbo concepit Filium. |
Die Edle Mutter hat geborn Den Gabriel verhieß zuvorn Den S. Johanns mit springen zeigt Da er noch lag in Mutter Leib. |
Enixa est puerpera Quem Gabriel praedixerat, Quem matris alvo gestiens Clausus Ioannes senserat. |
Er lag im Hew mit Armut groß Die Krippen hart ihn nicht verdroß Es ward ein kleine Milch sein Speiß Der nie kein Vöglein hungern ließ. |
Feno iacere pertulit, Praesepe non abhorruit, Parvoque lacte pastus est Per quem nec ales esurit. |
Deß Himmels Chör sich frewen drob Und die Engel singen Gott Lob Den armen Hirten wird vermeldt Der Hirt und Schöpffer aller Welt. |
Gaudet chorus caelestium Et angeli canunt Deum, Palamque fit pastoribus Pastor, creator omnium. |
Lob, Ehr und Danck sey dir gesagt Christ Geborn von der reinen Magd Mit Vatter und dem heiligen Geist Von nun an biß in Ewigkeit. Amen. |
Iesu, tibi sit gloria, Qui natus es de Virgine, Cum Patre et almo Spiritu, In sempiterna saecula. Amen. |

Das böse Weib
Ich hab ein böses Weib, die plagt mir meinen Leib, O mala herba! Und tut stets mit mir zanken! Klopfe sie, puffe sie! Ob ich sie gleich lieb hab', wünscht sie mir doch das Grab Und wollt, ich tät erkranken. Klopfe sie, puffe sie! Nimm sie bei dem Flügel Und schmier sie mit ei'm Prügel, Den alten Igel Höllriegel. |
Wann ich zu ihr sprich weiß, so sagt sie schwarz mit
Fleiß O mala herba! Und tut mir widerstreben! Klopfe sie, puffe sie! Wann ich begehre kalt, so bringt sie heiß, die Alt', Will gar nichts auf mich geben. Klopfe sie, puffe sie! Nimm sie bei dem Flügel Und schmier sie mit ei'm Prügel, Den alten Igel Höllriegel. |
Im Haus schwirrt's hin und her und murrt gleich wie ein
Bär, O mala herba! Greint, schilt, mufft mit der Goschen! Klopfe sie, puffe sie! Die Tür schlägt's auf und zu und lässt mir gar kein' Ruh, Bis' Maul wird ihr erdroschen. Klopfe sie, puffe sie! Nimm sie bei dem Flügel Und schmier sie mit ei'm Prügel, Den alten Igel Höllriegel. |
Wann einer tauscht mit mir, geb' mir ein' jung' dafür, O mala herba! Wollt' ihm ein Ross aufgeben, Klopfe sie, puffe sie! Ein' Ochsen und ein' Kuh gäb ich ihm auch dazu, Eh ich führt solches Leben! Klopfe sie, puffe sie! Nimm sie bei dem Flügel Und schmier sie mit ei'm Prügel, Den alten Igel Höllriegel. Lass ihr nicht den Zügel! |

Der Floh
Es ist ein Tierlein auf der Welt, Hält sich gar gern zu'n Weiben. Wiewohl es ihnen nicht gefällt, Kanns doch kein Mensch vertreiben. Es beißt und sticht, es hilft auch nicht, Wenn man sich fest tut reiben. Es ist ein Floh, dess' sein nicht froh Die jung und alten Weiben Ein Floh, ein Floh, der beißt und sticht, Er zwickt und pickt, Er stupst und hupst, Er kreucht und weicht, Er kitzelt und bitzelt, Er krabbelt und zappelt, Die Maidlein und die Weiben Nicht sicher vor ihm bleiben. |
Die Weiber haben große Pein, Von Flöhen über'd Maßen. Bei ihnen findt man groß und klein, Kein Ruh sie ihnen lassen. Im Hemd und Kleid tun's ihnen leid, Im Haus und auf der Gassen, Im Pelz und Rock sitzt manches Schock, Und plagen's auf der Straßen. Ein Floh, ein Floh,... |
Wenn d'Weiber in die Kirchen gehn Oder zur Gastung wöllen, So tun sie erst am Fenstern stehn Und fangen manchen Gsellen. Mit großem Fleiß, auf manche Weis' Den Flöhen sie nachstellen, Und wenn sie's dann erhaschet han, So tun sies weidlich knellen. Ein Floh, ein Floh,... |

Der schlimme Mann
Ich armes Weib mein Zeit vertreib Mit Weinen und mit Klagen; Si credere fas est. Denn mir mein Mann kein Gut will tun, Mit ihm muss ich verzagen. Si credis mulieribus Et semper cares fustibus, Stultus eris et asinus. |
Zum Wein er lauft, er frisst und sauft, Tut mir mein Gut verzehren: Si credere fas est. Er flucht und schilt, ja prasst und spielt, Ich kann's ihm nicht erwehren. Si credis mulieribus... |
Wann er heimkommt, er murrt und brummt, Als wollt er alles fressen; Si credere fas est. Ich glaub fürwahr, es hab ihn gar Der leidig Teufel b'sessen. Si credis mulieribus... |
Sag ich ein Wort, dass er's erhört So tritt er mich mit Füßen; Si credere fas est. Jagt mich hinaus aus meinem Haus, Soll mich das nicht verdrießen? Si credis mulieribus... |
Darum ich sprich, mir recht geschicht Dass ich nicht nahm meingleichen; Si credere fas est. Denn Jung und Alt - wie heiß und kalt - Einander müssen weichen. Si credis mulieribus... |
Der vorig' Mann hat mir's nicht tan Hielt mich besser in Ehren; Si credere fas est. Dennoch ich hab ihm g'wünscht das Grab, Hätt g'habt ein jungen geren. Si credis mulieribus... |

Die Gänse
Was haben doch die Gäns getan, Dass so viel müssen's Leben lan? Die Gäns mit ihrem Dadern, da da da da da da, Mit ihrem Geschrei und Schnadern, da da da da da da da da, Sankt Martin han verraten, da da da da da da da, Darum tut man sie braten, da da da..... |
Ist's wahr, dass sie verraten han Sankt Martin, den heil'gen Mann? Die Gäns mit ihrem Dadern, da da da da da da,... |
So müssen's mit dem Leben zwar Den Zahnten geben alle Jahr. Die Gäns mit ihrem Dadern, da da da da da da,... |
Bei süßem Most und kühlem Wein Vertreibt man ihn' das Dadern fein. Die Gäns mit ihrem Dadern, da da da da da da,... |
So lasset uns all insgemein Bei 'braten Gänsen fröhlich sein! Die Gäns mit ihrem Dadern, da da da da da da,... |

Miserere mei
Ein junger Gsell wollt beten, Tat drum in d'Kirchen treten. Er sprach ohn alles Scheuen: Ich wollt gern eine freien. Miserere mei. |
O Sancta Magdalene, Bescher mir eine Schöne, Die an ihr hätt all Gaben, Ein solche möcht ich haben. Miserere mei. |
Bescher mir, o Sanct Anna, Ein keusch' und rein' Susanna, Holdselig an all Orten In Werken und in Worten. Miserere mei. |
O Dorothea fromme, Hilf dass ich auch bekomme Für meinen jungen Leibe Ein reich's vermöglich's Weibe. Miserere mei. |
Mit vielen tausen Gulden, So käm ich aus den Schulden Und hätt viel Wein im Keller, Gut Bisslein auf dem Teller. Miserere mei. |
Ihr heil'gen Frauen alle Beschert mir ein' ohn' Galle, Die freundlich sei bei Tage Und mich bei Nacht nicht plage. Miserere mei. |
In Summ' ich haben sollte Sie gern tät, was ich wollte, Fänd ich solch Gab'n beisammen, So spräch ich fröhlich: Amen. Miserere mei. |

Nun freut euch lieben Christen gmein
Nun frewt euch lieben Christen gmein Und last uns frölich springen: Daß wir getrost uns all in ein Mit lust und liebe singen. Was Gott an uns gewendet hat Und seine süsse Wunderthat, Gar thewr hat ers erworben. |

Nun komb der Heyden Heyland / Veni, redemptor gentium (gregorianisch)
Nun komb der Heyden Heyland: Der Jungfrawen Kind erkandt, Deß sich wundert alle Welt; Gott solch Geburt ihm bestellt. |
Veni, redemptor gentium. Ostende partum Virginis; Miretur omne saeculum: Talis decet partus Deum. |
Nicht von Manns Blut noch vom
fleisch Allein von dem heilgen Geist Ist Gotts Wort worden en Mensch Und blüht ein Frucht Weibes Fleisch. |
Non ex virili semine, Sed mystico spiramine Verbum Dei factum est caro Fructusque ventris floruit. |
Der Jungfraw Leib schwanger ward Doch bleibt Keuschheit rein bewart, Leucht herfür man Tugendt schon Gott da war in seinem Thron. |
Alvus tumescit Virginis, Claustrum pudoris permanet, Vexilla virtutum micant, Versatur in templo Deus. |
Er gieng auß der Kammer sein Dem Könglichen Sahl so rein, Gott von Art und Mensch, ein Heldt Sein Weg er zu lauffen eilt. |
Procedat e thalamo suo, Pudoris aula regia, Geminae gigas substantiae Alacris ut currat viam. |
Sein Lauff kam vom Vatter her Und kehrt wider zum Vatter. Fuhr hinunter zu der Höll Und wider zu Gottes Stul. |
|
Der du bist dem Vatter gleich Führ hinauß den Sieg im Fleisch, Daß dein ewig Gottes Gwalt In uns das Kranck Fleisch enthalt. |
Aequalis aeterno Patri, Carnis tropaeo cingere, Infirma nostri corporis Virtute firmans perpeti. |
Die Krippen glenzt hell und klar Die Nacht gibt ein new Liecht dar. Dunckel muß nicht kommen drein Der Glaub bleibt immer im schein. |
Praesepe iam fulget tuum Lumenque nox spirat novum, Quod nulla nox interpolet Fideque iugi luceat. |
Lob sey Gott dem Vatter thon Lob sey Gott seim heilgen Sohn, Lob sey Gott dem heiligen Geist Immer und in Ewgikeit. Amen. |
Sit, Christe, rex piissime, Tibi Patrique gloria Cum Spiritu Paraclito, In sempiterna saecula. Amen. |

So wahr ich leb, spricht Gott der Herr
So war ich leb, spricht Gott der Herr, Deß Sünders Todt ich nit begehr, Sonder daß er bekehre sich, Thu buß und lebe ewiglich. |

Verleyh uns Frieden gnediglich / Da pacem, Domine (gregorianisch)
Verleyh uns Frieden gnediglich Herr Gott zu unsern zeiten, Es ist je doch kein ander nicht, Der für uns köndte streiten Ohn dich unser Herr Gott alleine. |
Da pacem, Domine, In diebus nostris, Quia non est alius, Qui pugnet pro nobis, Nisi tu, Deus noster. |
Gib unserm Land Herren und aller
Obrigkeit Fried unnd gut Regiment, Daß wir unter ihnen Ein gerühlichs und stilles Leben führen mögen In aller Gottseligkeit und Erbarkeit. Amen. |