Tel.  0441 2488491
E-Mail info(at)ductia.de

Oswald von Wolkenstein

Ach senliches leiden

Ach senliches leiden
Meiden neyden schaiden das tut we
Besser wer versunken jn dem see.
Zart minnikliches weib
Dein leib mir schreibt und treibt gen josophat,
Hertz mut syn gedanck ist worden mat.
Es schaidt der tod,
Ob mir dein gnad nicht helffen wil
Auss grosser not
Mein angst ich dir verhil.
Dein mündlin rot
Hat mir so schier mein gier erwecket vil,
Des wart ich genaden an dem zyl.
 
Mein hertz jn jamer vicht,
Erbricht, bericht und slicht den kummer jo,
Frow, schidlicher freuntschafft wart ich so
So als der delephin,
Wenn jn der syn fürt hin zu wages grund,
Vor dem sturm und darnach wirt enzunt
Von sunnen glast,
Die jm erkückt all sein gemüt.
Hertz lieb halt vast
Durch all dein weiplich güt,
Lass deinen gast
Nicht sterben serben werben in unfrüt.
Jn ellenden pein ich tob und wüt.
 
Mein houbt das ist beklait
Mit waffen sauffen straffen die natur,
Das mich twingt ein stund für tausent ur.
Wenn ich mein laid betracht,
Die nacht so wacht mein macht mit klainer krafft
Und ich freuden gantz wird sigehaft.
Mich nyemand tröst
Und ist mein leiden sicher gross
Mein hertz was wirt geröscht
Mit manchem seufften stoss.
Ach we wann wirt erlöst
Mein trauren tauren lauren negt und pösst,
Da mit ich der synn wird gar emblösst.

------

Ain graserin

Ain graserin durch külen tau
Mit weissen, blossen füsslin zart
Hat mich erfreut in grüner au;
Das macht ir sichel brawn gehart,
Do ich ir half den gattern rucken,
Smucken für die schrencken,
Lencken, sencken in die seul,
Wolbewart, damit das freul
Hinfür an sorg nicht fliesen möcht ir gensel.
 
Als ich die schön her zeunen sach,
Ain kurze weil ward mir ze lanck,
Bis das ich ir den ungemach
Tett wenden zwischen zwaier schranck.
Mein häcklin klein hett ich ir vor
Embor zu dienst gewetzet,
Gehetzet, netzet; wie dem was,
Schübren half ich ir das gras.
„Zuck nicht, mein schatz!“ „simm nain ich, lieber Jensel.“
 
Als ich den kle hett abgemät
Und all ir lucken wolverzeunt,
Dannocht gert si, das ich jät
Noch ainmal inn der nidern peunt;
Ze lon wolt si von rosen winden,
Binden mir ain krenzel.
„Swenzel, renzel mir den flachs!
Treut in, wiltu, das er wachs!“
„Herz liebe gans, wie schön ist dir dein grensel.“

------

Ave mater, o Maria

Ave mater, o Maria
Pietatis tota pie
Sine te non erat via
Deploranti saeculo.
Sei gegrüßt, Mutter, o Maria
Voller Frömmigkeit
Ohne dich gibt es keinen Weg
In diesen beklagenswerten Zeiten.
   
Gracia tu nobis data,
Quam fidelis advocata,
Caeli thronus es praelata,
In aeterno solio.
Ave mater, o Maria...
Du gabst uns deine Gnade,
Du Anwältin der Gläubigen,
Du bist die Fürstin des Himmelsthrons,
Allein in Ewigkeit.
Sei gegrüßt...
   
Benedicta tu sanctarum,
Consolatrix animarum,
Per te partet lumen clarum,
Deplorantis oculo.
Ave mater, o Maria...
Du bist gesegnet unter den Heiligen,
Trösterin der Seelen,
Aus dir scheint das helle Licht,
Das das Auge weinen lässt.
Sei gegrüßt...
   
Amen ultimo cantamus,
In signum quod per optamus,
Quitquit vitae postulamus,
In orationibus.
Ave mater, o Maria...
Wir singen das letzte Amen,
In dessen Zeichen wir wünschen,
Dessen Leben wir fordern,
In unseren Gebeten.
Sei gegrüßt...

------

Es nahet gen der vasenacht

Es nahet gen der vasenacht
Des süll wir gail und frölich sein
Ye zway und zway ze sament tracht
Recht als die zarten teubelein.
Doch hab ich mich gar schon gesellt
Zu meiner krucken,
Die mir mein bul hat auserwellt
Für lieblich rucken.
Und ich die kruck vast an mich zuck
Freuntlichen unter das üchsen smuck,
Ich gib jr mangen hertten druck,
Das sy muss kerren.
Wie möcht mir gen der vasenacht
Noch bas gewerren.
Plehe, nur lat ewr plerren.
 
Seyd das die wilden voglin sind
Gezwayt yet schon an allen neydt,
Was wolten dann die liebn kind
Nu feyern gen der lieben zeit.
Mit halsen küssen ein schönes weib,
Smutz la dich niessen,
Haimlichen brauch dein iungen leib
An als verdriessen.
Und ich die kruck vast an mich zuck
Freuntlichen unter das üchsen smuck,
Ich gib jr mangen hertten druck,
Das sy muss kerren.
Wie möcht mir gen der vasenacht
Noch bas gewerren.
Plehe, nur lat ewr plerren.
 
Die vasnacht und des mayen pfat
Die pfeiffen vast aus einem sack.
Was sich das jar verborgen hat,
Das tut sich ögen an dem tag.
Doch hat mein frow jr tück gespart
Mit falschem wincken.
All gen dem herbst ich schraw jr vart
Seyd ich muss hincken.
Und ich die kruck vast an mich zuck
Freuntlichen unter das üchsen smuck,
Ich gib jr mangen hertten druck,
Das sy muss kerren.
Wie möcht mir gen der vasenacht
Noch bas gewerren.
Plehe, nur lat ewr plerren.

------

Frölich geschray

Frölich geschray so well wir machen
Lachen swachen den zwar der uns nicht gevellt.
Junckfrow sind die ayr noch gar gezellt
So laufft ir zeiren held
Und esst sy ungeschellt
Frow gelt trag her des weines kelt.
So schon sprach des mayers dieren
All nyden auff der banck:
Mach lanck geselle mein hab ymmer danck
Dein gesanck und getranck
Und süsser winckenwanck
Print mir freuden vil.
Smutz sprach mein frowe,
Nu welcher fidelt mir
Newr auf meinem saitenspil.
Das tun ich Haintzel und Jäckel
Damit hub sich ein gäggel,
So sprach sy snäggel
Owe Haintz magstu nymmer
So komm Jackline trauter socie
Ler mich das A B C
Und tu mir doch nicht we
Ite venite.

------

Frölich zärtlich

Frölich zärtlich lieblich und klärlich lustlich stille leyse
Jn senffter süsser keuscher sainer weyse.
Wach du minnikliches schönes weib,
Reck streck breys dein zarten stoltzen leib.
Sleuss auf dein viel liechte öglin klar,
Taugentich nym war
Wie sich verschart der sterne gart
Jnh der schönen hayttren klaren sunne glantz.
Wol auff zu dem tantz,
Machen einen schönen krantz
Von schawnen prawnen plawen grawen
Gel rot weyss
Viol plümlin sprantz.
 
Luntzlot muntzlot kluntzlot und zysplot wysplot freuntlich sprachen
Auss waidelichen guten rainen sachen
Sol dein pösschelochter rotter mund
Der ser mein hertz lieplich hat erzunt.
Und mich fürwar tausent mal erweckt,
Freuntlichen erschreckt,
Auss saluffes tram so ich ergam.
Ain so wolgezierte rotte enge spalt,
Lächerlich gestalt,
Zendlin weyss dorjn gezalt,
Trielisch mielisch vöslocht röslocht
Hel zu vleiss
Waidelich gemalt.
 
Wolt sy solt sy tät sy und kam sy näm sy meinem hertzen
Den senikleichen grossen hertten smertzen.
Und ein brüstlin weyss darauff gedruckt,
Secht slecht so wer mein trauren gar verruckt.
Wie möcht ein zart seuberliche diern
Lustlicher geziern
Das hertze mein an argen pein
Mit so wunniklichem zarten rainen lust
Mund mündlin gekusst
Zung an zünglin brüstlin an brust
Bauch an beuchlin, rauch an reuchlin
Snel zu fleiss
Alltzeit frisch getusst.

------

Her wiert uns dürstet

Her wiert uns dürstet also sere
Trag auf wein,
Das dir got dein laid verkere
Pring her wein,
Und dir dein sälden mere
Nu schenck ein.
 
Gretel wiltu sein mein treutel
So sprich sprichs,
Ja koufst du mir einen beutel
Leicht tun ichs
Und reyss mir nit das heutel
Newr stich stichs.
 
Sym Jensel wiltus mit mir tantzen
So kom auch
Böckisch well wir umbhin rantzen
Jans nit strauch
Und schon mir meiner schrantzen
Dauch schon dauch, dauch nach dauch, dauch Jensel dauch.
 
Pfeiff auff Haintzel Lippel snäggel
Frisch frow fry.
Zwayt ew rürt ew snurra bäggel
Jans Lutzey, Cuntz Kathrey, Bentz Clarey
Spring klebisch durta Jäckel,
Iu hayg hayg.
 
Hin get der raye seusa möstel
Nu reckt an
Gumpp auf Hainreich noch ein jösstel
Rür biderbman.
Metz diemut döwt das kösstel
Dran dran dran.
 
Nu fudert ew man ysst im dorffe
Nempt kain weyl
Nachin Cunrat fauler thschorffe
Du lempeyl
Lug umb dich als ein orffe
Eyl held eyl, eyl held eyl, eyl eyl eyl.

------

Wol auff wir wellen slauffen

Wol auff wir wellen slauffen
Hausknecht nu zündt ain liechtel
Wann es ist an der zeit.
Da mit wir nicht verkaffen
Der letzst sey gar verheyt.
Das layen münch und pfaffen
Zu unsern weiben staffen
Sich hüb ain böser streit.
 
Heb auff und lass uns trincken
Das wir also nicht schaiden
Von disem guten wein.
Und lämt er uns die schincken,
So musst er doch hereyn.
Her kopff nu lat ew wincken,
Ob wir zu bette hincken,
Das ist ain klainer pein.
 
Nu sleich wir gen der türen,
Secht zw das wir nicht wencken
Mit ungelichem tritt.
Was gilt des stowbs ein üren,
Her wiert nu halt es mit.
Wir wellen doch nicht züren,
Ob jr ew werdt beküren
Nach pollanischem sytt.
 
Her tragt den fürsten leyse
Da mit er uns nicht felle
Auff gottes ertereich.
Sein lob ich ymmer breyse,
Er macht uns freuden reich.
Ye ainr den andern weyse,
Wiert schlipff nicht auff dem eyse,
Wann es gat ungeleich.
 
Hjn slauffen wel wir waltzen,
Nu fragt das hausdierelein
Ob es gebettet sey.
Das krawt hat sy versaltzen
Darzw ain guten brey.
Was soll wir dorzu kaltzen,
Es was nit wolgesmaltzen,
Der scheden waren drey.